Psychotherapieforschung und Meta-analytische Befundintegration
Meta-analytische Befundintegration ermöglicht die systematische Zusammenführung und statistische Analyse von Ergebnissen mehrerer Studien zu spezifischen psychologischen Interventionen und Therapieformen. Dies fördert nicht nur die Präzision und Zuverlässigkeit der Forschungsergebnisse, sondern hilft auch, inkonsistente Befunde zu klären und fundierte, evidenzbasierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Durch den Einsatz stichhaltiger statistischer Techniken trägt die Meta-Analyse wesentlich zur Weiterentwicklung effektiver Therapieansätze und zur fundierten Entscheidungsfindung in der klinischen Praxis bei. Zudem spielen Meta-Analysen eine entscheidende Rolle bei der Erstellung von Leitlinien, da sie umfassende und robuste Evidenz bereitstellen können, auf deren Grundlage standardisierte Behandlungsrichtlinien entwickelt werden können.
DGPs Interessensgruppe „Meta-Analytische Befundintegration und Evidenzsynthese“ (META-SYN)
Aufgrund der hohen Relevanz meta-analytischer Befundintegration gründeten Frederic Maas genannt Bermpohl und Prof. Alexandra Martin mit anderen Mitgliedern der DGPs die Interessengruppe „Meta-Analytische Befundintegration und Evidenzsynthese“ (https://meta-syn.de) innerhalb der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie.
Aktuell laufende Projekte
NMA zur Wirksamkeit von KVT und Ansätzen der "dritten Welle"
Eine Netzwerk Meta-Analyse untersuchte die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) und Ansätzen der sogenannten „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie bei der Behandlung von Somatischer Belastungsstörung und verwandten Störungen. Basierend auf 84 Studien mit insgesamt 9870 Teilnehmer:innen zeigte sich, dass beide Ansätze gleichermaßen effektiv in der Reduktion somatischer Symptome und der Verbesserung des wahrgenommenen Gesundheitszustands sind. Die „dritte Welle“-Therapien erwiesen sich zudem als effektiver in der Behandlung von komorbiden Depressions- und Angstsymptomen. Bei Betrachtung der Langzeiteffekte zeigte sich für die „dritte Welle“-Ansätze eine größere Wirksamkeit in der Reduktion von Angstsymptomen im Vergleich zu KVT, während für andere Symptombereiche keine differenziellen Effekte festgestellt wurden. Ein Paper zu dieser Arbeit befindet sich aktuell unter Begutachtung zur Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal.
MA zur Wirksamkeit digitaler psychologischer Interventionen bei Erwachsenen mit Somatischer Belastungsstörung und verwandten Störungen
Eine aktuell durchgeführte Meta-Analyse untersucht die Wirksamkeit digitaler psychologischer Interventionen bei Erwachsenen mit Somatischer Belastungsstörung und verwandten Störungen. Der Fokus auf digitale psychologische Interventionen ist bei diesem Projekt wichtig, weil sie eine vielversprechende Möglichkeit bieten, die Zugänglichkeit zu effektiven Behandlungen für Somatische Belastungsstörung zu verbessern. Traditionelle psychologische Interventionen sind oft mit Zugangshürden wie begrenzter Verfügbarkeit von Therapeut:innen, hohen Kosten und geografischen Barrieren verbunden. Digitale Interventionen können diese Barrieren überwinden, indem sie über Computer oder mobile Geräte verfügbar gemacht werden und so eine größere Reichweite und Flexibilität für die Patient:innen ermöglichen.
Das Protokoll für diese Arbeit ist verfügbar unter: https://osf.io/v9pjh/
MetaPsy
Die Daten zur Wirksamkeit von Psychotherapieformen bei Somatischer Belastungsstörung und verwandten Störungen werden in eine meta-analytische Datenbank von Psychotherapiestudien (https://www.metapsy.org) integriert, mit deren Hilfe man die dort hinterlegten Datensätze auch selbstständig explorieren und analysieren kann.
MA zu Effekten psychologischer Interventionen auf Juckreiz, Kratzen und Exkoriationen bei Patient:innen mit chronischem Juckreiz
Eine weitere Meta-Analyse in Kooperation mit der Justus-Liebig-Universität Gießen, Leiden University und der FH Münster untersucht die Effekte psychologischer Interventionen auf Juckreiz, Kratzen und Exkoriationen bei Patient:innen mit chronischem Juckreiz. Mittels einer systematischen Literaturrecherche und Metaanalyse von randomisierten, kontrollierten Studien werden die Wirksamkeit von Behandlungen wie Habit-Reversal-Trainings und Patientenschulungen bewertet.
Das Protokoll für diese Arbeit ist verfügbar auf PROSPERO: CRD42021245916.
MA zur Rolle positiver und negativer meta-kognitiver Überzeugungen bei Krankheitsangst
Eine Meta-Analyse in Kooperation mit der Universität Köln untersucht die Rolle positiver und negativer meta-kognitiver Überzeugungen bei Krankheitsangst, um ein besseres Verständnis des Störungsbildes zu erlangen. Zudem werden die Zusammenhänge von positiven und negativen Meta-Kognitionen mit Sicherheitsverhalten und Vermeidungsverhalten bei Krankheitsangst analysiert.
Das Protokoll für diese Arbeit ist verfügbar auf PROSPERO: CRD42023471335.
MA zu Zusammenhängen körperdysmorpher Symptomatik und Perfektionismus
In Kooperation mit der Universität Konstanz sowie der Universität Braunschweig ist eine meta-analytische Betrachtung der Zusammenhänge von körperdysmorpher Symptomatik und Perfektionismus geplant.
Systematische Zusammenfassung der verfügbaren Apps für Post-COVID/Long-COVID/Chronisches Erschöpfungssyndrom
Auch neben der meta-analytischen Befundintegration kann eine systematische Zusammenfassung der Behandlungsformen für Behandler:innen und Betroffene relevant sein. Daher werden aktuell in Kooperation mit der Universität Ulm im Rahmen des MHAD-Projektes (https://mhad.science/en/) die verfügbaren Apps für Post-COVID/Long-COVID/Chronisches Erschöpfungssyndrom systematisch evaluiert.
Das Protokoll für die Arbeit ist verfügbar unter: https://osf.io/z85wa/
Abgeschlossene Projekte
Eine Meta-Analyse zur Wirksamkeit und Akzeptanz der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) bei chronischem Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome; CFS) wurde 2024 im International Journal of Behavioral Medicine veröffentlicht. Dieses Projekt berücksichtigt neben der Symptomminderung auch die Abbruchraten in der Behandlung. Eingeschlossen wurden 15 randomisierte, kontrollierte Studien mit 2015 Teilnehmer:innen, die KVT mit inaktiven und unspezifischen Kontrollgruppen verglichen. KVT erwies sich als effektiv bei der Reduktion von Müdigkeit, Depression, Angst und der Verbesserung des wahrgenommenen Gesundheitszustands. Die Therapieadhärenz war hoch, und die Abbruchraten waren entsprechend relativ niedrig. Gleichwohl die Datenlage zur langfristigen Aufrechterhaltung der Effekte und der Akzeptanz der Behandlung noch gering ist, scheint KVT eine effektive und gut angenommene Therapieform zur Behandlung von CFS darzustellen.
Publikation: Maas Genannt Bermpohl, F., Kucharczyk-Bodenburg, A. C., & Martin, A. (2024). Efficacy and Acceptance of Cognitive Behavioral Therapy in Adults with Chronic Fatigue Syndrome: A Meta-analysis. International journal of behavioral medicine, 31(6), 895–910. https://doi.org/10.1007/s12529-023-10254-2
Im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Universität Florenz und der Sigmund Freud Universität (Mailand) wurde die Punktprävalenz von funktionalen somatischen Störungen (FSS) in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung Europas meta-analytisch untersucht. Die Arbeit wurde 2024 im European Journal of Epidemiology veröffentlicht. Durch die Synthese von 136 Studien wurde eine Gesamtpunktprävalenz für FSS von 8,78% (95% CI 7,61 bis 10,10%) ermittelt. Die höchste Prävalenz wurde in Norwegen mit 17,68% (95% CI 9,56 bis 30,38%) und die niedrigste in Dänemark mit 3,68% (95% CI 2,08 bis 6,43%) festgestellt. Spezifische FSS-Diagnosen wiesen unterschiedliche Prävalenzraten auf, z.B. 20,27% (95% CI 16,51 bis 24,63%) für chronische Schmerzen und 9,08% (95% CI 7,31 bis 11,22%) für das Reizdarmsyndrom. Diese Ergebnisse unterstreichen die hohe Relevanz, die FSS in der Gesellschaft haben und die Notwendigkeit angemessene Diagnose- und Behandlungsangebote für FSS-Patient:innen sicherzustellen.
Publikation: Rometsch, C., Mansueto, G., Maas Genannt Bermpohl, F., Martin, A., & Cosci, F. (2024). Prevalence of functional disorders across Europe: a systematic review and meta-analysis. European journal of epidemiology, 39(6), 571–586. https://doi.org/10.1007/s10654-024-01109-5
2023 wurde ein Paper zu einer Meta-Analyse zur Wirksamkeit von achtsamkeits- und akzeptanz-basierten Therapien bei Erwachsenen mit körperlichem Distress in Frontiers in Psychiatry veröffentlicht. Zu den achtsamkeits-basierten Therapien gehören die „Mindfulness-based Cognitive Therapy“ sowie die „Mindfulness-based Stress Reduction“; als akzeptanz-basierte Therapie wurde die „Acceptance and Commitment Therapy“ eingeordnet. Eingeschlossen wurden 16 randomisierte, kontrollierte Studien mit 1288 Teilnehmer:innen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Therapien im Vergleich zu Kontrollgruppen effektiver bei der Reduktion der Schwere somatischer Symptome sind. Die Wirksamkeit für sekundäre Outcomes wie Depression und Angst war klein bis moderat.
Publikation: Maas Genannt Bermpohl, F., Hülsmann, L., & Martin, A. (2023). Efficacy of mindfulness- and acceptance-based cognitive-behavioral therapies for bodily distress in adults: a meta-analysis. Frontiers in psychiatry, 14, 1160908. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2023.1160908