Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften

Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen

Die somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen sind durch belastende Körperbeschwerden charakterisiert. Die Beschwerden können sich auf vielfältige Art und Weise zeigen und alle Körperteile betreffen. Häufige Symptome sind Schmerzen im Rücken oder am ganzen Körper, chronische Kopf- oder Gesichtsschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall sowie Herzkreislaufprobleme z.B. Druckgefühl in der Brust, Atemnot und Schwindel. Darüber hinaus können vermehrte Müdigkeit und Erschöpfung auftreten.

Neben den körperlichen Symptomen machen sich Betroffene häufig intensive Gedanken bezüglich der Ernsthaftigkeit ihrer Beschwerden. Hinzu kommen andauernde Sorgen hinsichtlich ihrer Gesundheit, weshalb sie sich übermäßig mit ihren körperlichen Beschwerden beschäftigen und viel Zeit und Energie dafür aufbringen. Dies kann dann zu zahlreichen Arztbesuchen und Untersuchungen führen, die jedoch nicht immer zu der erhofften Klarheit über die Beschwerden führen.

Charakteristisch ist, dass die Beschwerden langanhaltend sind und bereits über einen längeren Zeitraum bestehen, wobei diese in ihrer Intensität variieren können: In manchen Phasen sind die Beschwerden stärker und in anderen schwächer ausgeprägt.

Insgesamt werden die Beschwerden häufig als Belastung empfunden, die viele Aspekte des Alltags beeinträchtigen. Dazu zählen nicht nur Hobbies, Sport oder andere Freizeitgestaltungen. Viele können durch die Beschwerden ihre berufliche Tätigkeit nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr ausführen. Auch das soziale Leben kann darunter leiden, wenn aufgrund der Beschwerden zum Beispiel Verabredungen abgesagt werden müssen. Neben dem sozialen Rückzug können auch weitere Probleme im familiären Umfeld entstehen, da man seiner Familie möglicherweise nicht zusätzlichen Kummer bereiten möchte, indem man zu häufig sein Leid klagt. Nicht selten schlägt sich die erlebte Belastung in einer trübseligen Stimmung nieder, die gekennzeichnet ist von Gefühlen wie Hilflosigkeit, Verzweiflung, Reizbarkeit und Angst.

Für die Therapie chronischer Körperbeschwerden wird unter anderem die kognitive Verhaltenstherapie empfohlen. Im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen Betroffene ihre Gedanken, Emotionen und ihr Verhalten zu beeinflussen und somit den Umgang mit den Körperbeschwerden zu erleichtern. Auch körperbezogene Ansätze wie z. B. Biofeedback und Entspannungsverfahren können zu einer Linderung der Beschwerden beitragen.

Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist selten die vollständige Reduktion der Köperbeschwerden, vielmehr soll der Umgang mit den Körperbeschwerden verändert und Lebensqualität wiederhergestellt werden.

Aktuell laufende Projekte

HRV & KVT bei chronischen Körperbeschwerden

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wird aktuell eine Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) und Herzratenvariabilitäts-Biofeedback bei chronischen Schmerzen untersucht. Hierfür suchen wir Menschen, die seit mind. 6 Monaten unter chronischen Schmerzen leiden und Interesse haben, an einer Kurzzeit-Psychotherapie teilzunehmen.
Weitere Informationen finden Sie hier.

Abgeschlossene Projekte

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Thema „Informationsverarbeitung bei körperlichen Beschwerden“ wurden mittels psychophysiologischer Messmethoden sowie Selbstbeurteilung Zusammenhänge zwischen Körpersymptomen und verschiedenen psychologischen Variablen (z. B. Emotionsregulation, Krankheitsangst, Herzratenvariabilität) untersucht. Im Bereich chronischer körperlicher Beschwerden, die nicht durch eine spezifische organische Krankheit erklärt werden können, wurden Faktoren untersucht, welche zur Symptomwahrnehmung beitragen. Untersucht wurde beispielsweise die Rolle von Interozeption und von subjektiven Krankheitskonzepten.

Publikationen:

Krempel, L., Stricker, J., & Martin, A. (2023). Heart Rate Variability, Autonomic
Reactivity, and Emotion Regulation during Sadness Induction in Somatic Symptom Disorder. International journal of behavioral medicine. Advance online publication. https://doi.org/10.1007/s12529-023-10238-2

 

Ziel dieser randomisiert-kontrollierten Studie war es, die Wirkung zweier Verfahren – des HRV-Biofeedbacks bzw. des Autogenen Trainings – hinsichtlich der Veränderung des Wohlbefindens und der Herzratenvariabilität speziell bei Personen mit anhaltenden körperlichen Beschwerden („somatischer Belastungsstörung“) zu vergleichen. Dazu erhielten die Proband*innen über 4 Wochen einmal wöchentlich entweder eine Sitzung Herzratenvariabilitäts-Biofeedback oder Autogenes Training.

Publikationen:

Klewinghaus, L., & Martin, A. (2022). Beschreibung und Evaluation eines Manuals für Herzratenvariabilitäts-Biofeedback bei der somatischen Belastungsstörung. Verhaltenstherapie, 32(1–2), 34–44. https://doi.org/10.1159/000522175

Krempel, L., & Martin, A. (2023). Efficacy of heart rate variability biofeedback for somatic symptom disorder: a pilot randomized controlled trial. Psychosomatic Medicine85(1), 61-70. https://doi.org/10.1097/PSY.0000000000001143

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Behandlung somatoformer Beschwerden wurde die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit einer neuen Therapieform (ENCERT) verglichen, welche die bewährten Methoden der Verhaltenstherapie und Techniken zur Regulation aversiver Emotionen integriert.

Dazu passend wurde experimentell die subjektive und physiologische Reaktivität auf emotionale Stressoren bei der Somatischen Belastungsstörung untersucht.

Publikationen:
Kleinstäuber, M., Allwang, C., Bailer, J., Berking, M., Brünahl, C., Erkic, M., ... & Rief, W. (2019). Cognitive behaviour therapy complemented with emotion regulation training for patients with persistent physical symptoms: a randomised clinical trial. Psychotherapy and psychosomatics88(5), 287-299. https://doi.org/10.1159/000501621

Gitzen, H., Schmidt, J., & Martin, A. (2024). Subjective and physiological reactivity to emotional stressors in somatic symptom disorder. International Journal of Psychophysiology, 195, 112273.

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